GEOEPOCHE "Der König aller Könige" - Alexander der Große - Seite 4 | ||||
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Chronisten berichten von einem Festgelage mit Musik. Frauen und Strömen von Wein; von der athenischen Kurtisane Thais. die den Feldherrn aufgestachelt habe. "Auch der König war in mehr leidenschaftlicher als maßvoller Stimmung". berichtet Curtius Rufus. Und so sei der 25-Jährige an der Spitze einer berauschten, johlenden Schar zum Palast gezogen. einer „Siegesprozession zu Ehren des Dionysos". wie Diodor die Ausschweifung interpretiert. Dann habe er die Fackel in die Halle aus Zedernholz geschleudert. Und als die Soldaten zum Löschen anrückten und sahen, dass der König selbst die Flammen schürte, hätten sie die Wassereimer stehen lassen und selbst noch trockenes Holz in die Glut geworfen. Schon bald wurden derart mörderische Gelage an Alexanders wanderndem Hof zur Gewohnheit. „Im Punkte des Trinkens". urteilt selbst der vorsichtige Arrian. habe sich Alexander bereits mehr der Barbarensitte zugeneigt". Die Heimat. das heitere, lautere Land unter dem Olymp. war nun hinter dem Horizont verschwunden. Und je mehr der Westen in der heißen Luft verschwamm, desto mächtiger tauchte die Erinnerung an die Mutter auf. die wilde, stolze Bacchantin: Alexander schrieb ihr, schickte ihr Geschenke. Eine Träne von ihr, sagte er, lösche tausend Klagen über sie aus. Unsterblich will er sie machen wie Dionysos, der seine irdische Mutter Semele einst aus dem Hades auf den Olymp entführte, um ewig mit ihr zusammen sein zu können. Nach dem Palastbrand von Persepolis aber setzte Alexander weiter dem Großkönig nach. Die Truppen seiner griechischen Alliierten entließ er in die Heimat: Längst war nicht mehr die Einheit der Hellenen in gemeinsamer Feindschaft sein Ziel, sondern die Herrschaft über Asien. Auf seinen Gewaltmärschen, bei denen er in elf Tagen 300 Kilometer zurückgelegt haben soll, ließ er den Großteil seiner Begleittruppe am Weg zurück und kam i spät. Im Juli 330, als er Dare lich fand, zwischen dem k schen Meer und der Salzwi Dasht-e Kavir, war der berei tot: umgebracht von den eigenen Leuten, auf Befehl des machtgierigen Satrapen Bessos. Da war kein Triumph; nur ein Gefühl der Verwandtschaft. Es war, als ob Alexander den glücklosen Herrscher in Händen halten müsste, um sich an die Stelle dessen zu setzen, den er eben noch verfolgt hatte. Ein Jäge der das Herz des erlegten Löß verzehrt, um dessen Kraft ir aufzunehmen. Er nahm, so Plutarch, seinen Mantel ab, legte ihn über den Toten und deckte ihn damit zu Er gewährte ihm ein Staatsbegräbnis nach persischem Ritus. Er schlüpfte in die Haut des Dareios. DIE VERFOLGUNG des Königsmörders Bessos, der sich zum neuen Großkönig ausrufen ließ, erlaubte Alexander, nun als Rächer Persiens weiterzumarschieren. Das Blut der achämenidischen Herrscherdynastie, die das Land regiert hatte, war jetzt auf seiner Seite und die persischen Adeligen begannen, ihn als Nachfolger des Dareios zu akzeptieren. Am Fluss Oxos ergriff Alexander den ungetreuen Satrapen, ließ ihn nackt ins Halseisen schmieden, ausstellen und auspeitschen und schließlich von einem persischen Gericht zum Tod durch Zerreißen verurteilen. Noch in Susa, als der Makedone den verlassenen Thron des hoch gewachsenen Großkönigs anprobierte, hatten seine Füße nicht bis zum Boden gereicht: Ein Tisch musste herangeschafft werden, um den Herrschersitz passend zu machen. Jetzt aber wuchs Alexander begierig in seinen Gegner hinein. Und über ihn hinaus. Bis zu den Grenzen des Perserreichs wollte er jetzt vorstoßen, um sie zu überwinden. Und vielleicht befielen die Makedonier in jenem Jahr 330 die ersten Zweifel, ob Alexanders Krieg noch ihr Krieg war. In Hekatompylos, der parthischen „Stadt der hundert Tore", musste Alexander seinen Männern eine flammende Rede halten, um sie zum Weitermarsch zu bewegen. Noch einmal hatte er Erfolg. „Führe uns", schrien die Krieger, dass es über die Wüste hallte und als Echo von den Elburs-Bergen zurücksprang, „führe uns, wohin du willst." Denn Alexander war nicht nur ihr König, sondern ihr Idol. Für die makedonischen Adeligen in der Umgebung des Königs allerdings war die „persische Kleidung", die der Feldherr nun trug, „ein kränkender Anblick", schreibt Plutarch. Heimlich wagte es Philotas - Kommandeur der dem König besonders verbundenen Hetairenreiterei, zweiter Mann nach Alexander und einer seiner besten Freunde , den asiatischen Stil des königlichen Hofzeremoniells zu bekritteln. Der Geschmähte ließ den Empörer daraufhin als Verschwörer hinrichten, sandte auch Häscher nach Ekbatana, um den Vater des Philotas, Alexanders alten Ratgeber Parmenion, zu ermorden. Schon damals war der lachende Feldzug, der unwiderstehliche Triumph der Jugend vorbei. Im Hindukusch lauerten Hunger, Schnee und Erschöpfung; die Soldaten mussten Lasttiere schlachten, um sich versorgen zu können. Der Vormarsch gen Osten kam nur noch langsam voran: Am Rande Sogdianas erhoben sich die Anwohner des Flusses Iaxartes, zwangen die Makedonen zu einem Belagerungskrieg gegen sieben Städte zugleich. Ein unüberlegter Angriff gegen die Widerstandstruppen des Adeligen Spitamenes kostete die Makedonen fast 3000 Soldaten und ihre erste Niederlage auf freiem Feld. Zwei Jahre lang tobte der Partisanenkrieg, bis es Alexander ich gelang, den Widerstand zu brechen. Und jetzt im sogdianischen Marakanda sitzt Alexander im Kreis der Getreuen, „von vielem Weine erhitzt und übermäßig von sich eingenommen" und prahlt mit seinen Taten. Doch es war vielleicht ein Fehler, dass Alexander dem Dionysos das jährliche Opfer vorenthalten hat. Nun rächt sich der Weingott, und das Schicksal nimmt seinen Lauf. Kleitos hört nicht auf, den König zu schmähen, und so vergisst der berauschte Alexander, dass eben dieser Kleitos es gewesen ist, der ihm einst in der Schlacht am Granikos mit seinem Schild den unbedeckten Kopf gerettet hat. Er schleudert den vollen Weinbecher fort und wirft dem Querulanten einen Apfel, frisch aus Griechenland importiert. an den Kopf. Vergebens greift er nach seinem Schwert, denn das hat ein Leibwächter rechtzeitig beiseite geschafft. Alexander nimmt sich eine Lanze - und durchbohrt Kleitos. Jäh kommt er wieder zu sich. Leibgardisten packen ihn und zerren ihn in den Schlafraum. Alexander weint die ganze Nacht. liegt den folgenden Tag lang erschöpft. sprachlos und seufzend auf dem Lager. Bis ihn der Philosoph Anaxarchos mit der kühlen Maxime erfrischt. dass „alles, was ein Herrscher tut. Recht und Gesetz ist". |
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Aktualisiert ( Freitag, den 15. Juli 2011 um 20:49 Uhr ) |